Seilerei

Foto: Bludau - 18.09.2016 - Dorsten Der 12-te Wulfener Flachsmarkt wurde mal wieder ein voller Erfolg. Den ganzen Tag über strömten hunderte Gäste aus Nah und Fern zum Gelände des Wulfener Heimatverein. Begonnen wurde der ereignisreiche Tag mit einem ökumenischen Feldgottesdienst am Flachsrösthaus mit der evangelischen Pfarrerin Anke Leuning und dem katholischen Pfarrer Martin Peters. Anschließend ging es nahtlos weiter, denn das Tagesprogramm war prall gefüllt. Nach der Begrüßung der Gäste und der offiziellen Eröffnung des Flachsmarktes durch den 1. Vorsitzenden des Wulfener Heimatverein Johannes Krümpel, übernahm Gregor Mergen das Mikrofon und führte den ganzen Tag über das Publikum von Highlight zu Highlight. Neben 58 Ständen, an denen alte Handwerkskunst aber auch moderne Aktivitäten von Hobbykünstlern geboten wurden, gab es auf der Bühne ein abwechslungsreiches Angebot. Zahlreiche Gruppen und Musiker präsentierten ihr Können. Passend dazu sorgte das umfassende kulinarische Angebot für strahlende Gesichter. An zahlreichen Ständen bot der Heimatverein regionales und deftiges Essen an. Vom Spanferkel über den Buchweizenpfannkuchen bis hin zum belegten Brot war alles dabei. Aber auch von den Frauen selbst gebackener Kuchen und selbst erzeugte Liköre und Marmeladen waren im Angebot. Ebenso verwöhnte die Braugruppe des Vereins seine Gäste. Sie hatten getreu der Wulfener Braukunst für gekühlte selbstgemachte Flüssignahrung gesorgt, was gerne angenommen wurde. „Mir gefällt der Flachsmarkt mit seinem ganzen Ambiente sehr gut. Hier wurde was richtig Tolles auf die Beine gestellt. Man trifft viele Freunde und Bekannte.“, schwärmt Besucherin Ellen Hurnik. An diesem Tag wurde das Vereinsgelände unter anderem auch zum Schauplatz für die Wulfener Geschichte. Denn der Flachs, der dem Markt seinen Namen gab, war ein Schwerpunktthema bei so einigen Ständen. Vor mehr als 400 Jahren stand in Wulfen und Umgebung nämlich der Flachsanbau in
Wir sind die Seiler
v. li.: Gerd Lamprecht, Wilfried Knies, Heinz Sachs, Hans Hurnik, Hans Pröbsting, Werner Unk, Josef Rentmeister und Horst Lanser.
Im Gedenken: Rudi Plassmann (†)

Treffen: Mittwochs um 16:00 Uhr im Flachsrösthaus
Gruppensprecher: H-J. Rentmeister,
Tel.: 0 23 69 / 2 16 59

Die Gruppe Seilerei wurde vor 25 Jahren innerhalb des Heimatverins Wulfen gegründet. Sie besteht zur Zeit aus 8 Mitgliedern. Die Gruppe trifft sich regelmäßig am Mittwoch, um Pflege- und Wartungsarbeiten am Flachshaus durchzuführen und natürlich Seile zu drehen. Wobei das gemütliche Beisammensein nicht zu kurz kommt.

Die Seilerei dreht bunte Springseile in unterschiedlichen Längen aus Baumwolle, außerdem dickere Seile aus Flachs und Hanf für Handläufe, Kletterseile für Kindergärten und vieles mehr.

Im Umkreis von circa 200 km fährt die Gruppe zu Handwerks- bzw. Flachsmärkten. Dort wird die alte Handwerkstechnik der Seilfertigung mit alten Drehwerkzeugen, die die Seilgruppe wieder hergerichtet hat, vorgeführt. Die Seilerei ist auf den Märkten ein Anziehungspunkt für viele Zuschauer. Diese lassen sich gerne in das Seile drehen mit einbeziehen und nehmen das selbst gedrehte Seil stolz mit nach Hause.

Ein Seil ist ein aus zusammengedrehten Fasern oder Drähten bestehendes längliches, biegeschlaffes, elastisches Element zur Übertragung von Zugkräften.

1. Bestandteile und Aufbau

1.1 Fasern, Litzen und Kardeelen

Die Fasern eines Seils sind zu millimeterdicken Fäden gesponnen (etwa 1 – 3 mm) und gruppenweise zu Litzen zusammen gedreht. Ein dünnes Seil besteht aus 3 bis 4 solcher Litzen, die verdrillt werden. Dickere Seile (Trossen) bestehen wiederum aus mehreren dünneren Seilen, die miteinander verdrillt werden und in dieser Funktion Kardeelen heißen. Seile werden aus Naturfasern (Hanf, Naturseide, Flachs), Kunstfasern (Polyester, Polyamid (Nylon, Perlon), Polypropylen, Polyethylen) oder Metall (Drahtseil aus Stahl oder Edelstahl) hergestellt. Früher wurden Seile per Hand auf Seilerbahnen, auch Reeperbahnen genannt, gedreht. Heutzutage erfolgt die Herstellung maschinell mittels Seilschlagmaschinen. Sie tragen diesen Namen, weil man das Verdrillen der Kardeelen auch schlagen nennt, um es vom Flechten zu unterscheiden.

1.2 Seillagen, Stahl und Textile

Seile bestehen aus mehreren Litzen. Dabei werden dünne Seile als Kardeelen noch einmal zu einem dickeren Seil geschlagen. Dabei ist zu beachten, dass die Schlagrichtung der Kardeelen und des gesamten Seils entgegengesetzt ist. Das verhindert ein durch die eigene Elastizität und durch die Zugkraft hervorgerufenes Aufdrehen des Seiles und verbessert auch andere Eigenschaften – zum Beispiel beim Klettern. Stahlseile werden um ein inneres Seil herum angefertigt, das man Seele nennt. Stahlseile mit einer Stahlseele haben eine größere Bruchlast (die Kraft, bei der das Seil bricht, oder umgangssprachlich: reißt), Stahlseile mit Hanfseele sind biegeschlaffer, also leichter zu handhaben und unempfindlicher gegen kleinere Krümmungsradien unter Belastung. Bei Stahlseilen werden oft noch textile Fäden zusätzlich mit eingearbeitet, die mit Öl getränkt sind. Durch ständige Abgabe des Öles beim Bewegen des Seiles erfolgt eine geringe Schmierung des Seiles und es wird geschmeidiger. Außerdem wird Rost am Seil verhindert. Drähte für Stahlseile haben eine Zugfestigkeit um 2000 N/mm². Statt geschlagenener (das heißt verdrillter) Seile werden oft auch geflochtene Seile verwendet, die den Vorteil haben, dass sie noch biegsamer sind, sich nicht aufdrehen, aber eine größere Oberfläche haben. Doch nicht bei jedem Verwendungszweck ist die größere Oberfläche von Vorteil.

2. Bezeichnungen

Seemännisch unterscheidet man zwischen Leinen (dünnen Seilen) und Trossen (dicken Seilen). Schiffe werden mit Festmacherleinen festgemacht, jedoch mit Schlepptrossen geschleppt. Unter dem Tampen versteht man in der Seemannssprache die (nicht festgemachte)lose Seite, das Ende eines Seiles oder (leicht abwertend) ein kurzes Stück Seil, das beispielsweise griffbereit lose herumliegt oder herunterhängt. Der Begriff Tau ist seemännisch eher nur als Wortteil gebräuchlich, etwa Tauwerk oder auf einem Segelschiff die Geitaue zum aufgeien eines Rahsegels. Ein früher gängiger Begriff war auch das Reep als Bezeichnung in der Seefahrt für ein Tau oder eine Trosse. Von dieser Bezeichnung leitete sich auch die Berufsgruppe der Reeper beziehungsweise Reepschläger und auch die Reeperbahn als Fertigungsort der Reepe ab. Hierher stammt auch der Name der bekannten Hamburger Straße Reeperbahn. Seile haben nicht nur in der Seefahrt, sondern auch im Bauingenieurwesen einen hohen Stellenwert, beispielsweise im Brückenbau oder im Münchner Olympiastadion. Eine Begriffsvielfalt wie in der Seefahrt ist anderswo unüblich, Seil ist die gebräuchliche Fachbezeichnung. Textile Seile werden laienhaft-umgangssprachlich auch als Strick bezeichnet. Hier besteht auch ein Übergang zur Kordel. Gleichschlagseile sind Seile, bei denen die Verdrillung der einzelnen Litzenbündel und deren Verdrillung untereinander in der selben Drehrichtung erfolgt. Die Litzenbündel bleiben dadurch so wie die Litzen im Einzelnen zueinander verschieblich. Dadurch wird das Seil geschmeidiger und damit biegsamer. Bei Gegenschlagseilen sind die Verdrillungen der Litzenbündel in sich und zueinander verschieden. Das Seil ist somit in sich ausgefacht, da durch die Reibung der Litzen zueinander eine Art Fachwerk entsteht. Das Seil ist somit steifer. Die Verdrillung von Seilenden zu einem durchlaufenden Seil (wie es z.B. bei Umlaufseilbahnen notwendig ist) erfolgt über dessen Spleißung, bei der die Seilenden ineinander verflochten werden. Bei hochwertigen Seilen werden dafür eigene Spleißpläne verwendet.

3. Aufbewahrung und Pflege

Für längere Aufbewahrung ist es für viele Seile am besten, sie auf einer Seiltrommel aufzuspulen; trockene und nicht zu warme Räume sind im Allgemeinen vorzuziehen. Doch manche Materialien brauchen gewisse Feuchtigkeit. Des weiteren sollten insbesondere Kunststoffseile bei der Lagerung nicht dem Sonnenlicht ausgesetzt sein, da die UV-Strahlung sie dann schnell altern lässt. Das heißt ihre Reißfestigkeit reduziert sich. Wenn ein Seil gewaschen werden muss, verwendet man bei Kletterseilen (siehe unten) kaltes Wasser und lässt es dann langsam an der Luft – keinesfalls in praller Sonne – trocknen. Man sollte es grundsätzlich nicht mit Reinigern oder sonstigen haushaltsüblichen Chemikalien zusammenbringen.

4. Kletterseile

Eine häufige Anwendung von Seilen ist ihr Gebrauch beim Bergsteigen und Klettern. Bei einer Seilschaft sichert sich eine Gruppe gegenseitig gegen die Gefahr eines Absturzes. Die verwendeten Seile waren früher meist aus Hanf; heute werden synthetische Materialien verwendet. Sie sind bei geringerem Gewicht und Durchmesser stabiler, scheuerfester und besser knotbar. Außerdem saugen sie sie abhängig von der Imprägnierung kaum mit Wasser voll und frieren dadurch nicht so leicht ein. Allerdings altern Kunststoffseile durch den UV-Strahlungsanteil des Sonnenlichtes beträchtlich, so dass ihre Haltbarkeit und Festigkeit mit der Zeit abnimmt.

Nachruf Werner Unk